[Originale aus dem Nachlass von Stanley Kubrick.
Aus den Grauwerten von Polaroids errechneten Stanley Kubrick und Kameramann Geoffrey Unsworth die Belichtungseinstellungen für die Aufnahmen zu 2001: A SPACE ODYSSEY.]
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Newsletter No. 7, Juni 2004

Liebe Kollegen, Freunde und Interessierte,

die Ausstellung STANLEY KUBRICK in Frankfurt schließt am 4. Juli ihre Pforten. Über 40.000 Besucher haben sie bisher gesehen - der großen Nachfrage wegen werden die Öffnungszeiten ab dem 24. Juni bis 20 Uhr verlängert. Ein Wiedersehen gibt es voraussichtlich 2005 in Berlin.

Mit Ausstellung und Filmreihe endet bis auf weiteres auch dieser Newsletter (wir werden Sie aber bezüglich weiterer Stationen der Ausstellung auf dem Laufenden halten). In der vorläufig letzten Ausgabe möchten wir wie zu Beginn noch einmal ein "Objekt des Monats" und ein Kurzporträt präsentieren. Dabei soll der Film im Mittelpunkt stehen, den wir auch für die Finissage ausgewählt haben: BARRY LYNDON. Er war Kubricks einziger, großer kommerzieller Misserfolg - doch halten manche die Historie aus dem 18. Jahrhundert, die der Zukunftsvision von 2001: A SPACE ODYSSEY an Schönheit, Anmut und Perfektion mindestens ebenbürtig ist, für den eigentlich besten Film des Regisseurs. Mit seinen unerreicht detailgetreuen und zugleich rätselhaft fernen Bildern einer vergangenen Epoche bleibt er für immer ein zeitloses Zeugnis von Kubricks künstlerischer Meisterschaft.

1. Objekt des Monats: das Zeiss-Objektiv f/0.7

Es ist vor allem das Licht, das BARRY LYNDON berühmt gemacht hat, das Licht seiner Innenräume: Es stammt von hunderten von Kerzen, manchmal auch nur einigen wenigen. Ohne Unterstützung durch Kunstlicht war damals kein Objektiv stark genug für solche Aufnahmen. Kubrick hatte bereits 1968 erste Versuche mit besonders empfindlichem Filmmaterial unternommen, deren Ergebnisse ihn jedoch nicht zufriedenstellen konnten. Während der Vorbereitungen zu BARRY LYNDON erfuhr er von einer Spezialoptik, die Carl Zeiss Oberkochen im Auftrag der NASA für Weltraumaufnahmen entwickelt hatte und die mit 1:0,7 bei einer Brennweite von 50mm zwei Blenden lichtstärker war als alle bis dahin bekannten Objektive. Er ließ sie von dem Kameraspezialisten Ed DiGiulio in eine alte Mitchell BNC integrieren, die aufgrund der Größe des Objektivs komplett umgebaut werden musste. Sie ermöglichte dem Kameramann John Alcott, die Innenräume mit "available light" zu drehen, barg aber auch eine inszenatorische Herausforderung: Die vielinterpretierte Künstlichkeit und hypnotische Langsamkeit der Protagonisten liegt auch in den technischen Bedingungen des Films begründet - die Schauspieler mussten darauf achten, nicht durch zu schnelle Bewegungen aus dem extrem geringen Schärfentiefebereich zu geraten.

2. Kurzporträt: Jan Schlubach

Neben seinen Innenaufnahmen sind es nicht weniger die gemäldeartigen Landschaftsbilder, die die visuellen Höhepunkte von BARRY LYNDON bestimmen. Ein Teil dieser Bilder entstand in Deutschland - hier arbeitete Kubrick mit Jan Schlubach zusammen, einem der wichtigsten deutschen Szenenbildner und Filmarchitekten. Nach Production Designer Ken Adam zeichnet er für viele der schönsten Motive in Kubricks Film verantwortlich. Er überwachte z.B. den berühmten Establishing Shot am Neuen Palais in Potsdam, der in der damaligen DDR unter erschwerten Bedingungen mit einem großen Aufgebot an Statisten und Pferdekutschen gedreht wurde.

Auch in Süddeutschland wählte Schlubach Drehorte aus, darunter die Burg Hohenzollern in Hechingen. Beim Location Scouting entstanden zahlreiche Fotos, die mit verschiedenen Anmerkungen, Zeichnungen und möglichen Kadragen versehen wurden. Bei THE SHINING ging Schlubach erneut für Kubrick auf Drehortsuche - diesmal in der Schweiz und in den USA, quer durch verschneite Gebirge, per Helikopter und auf Skiern. Der heute 83jährige, der 1980 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde, arbeitet noch immer für verschiedene Theater- und Fernsehproduktionen. Dem Deutschen Filmmuseum, das eben 20 Jahre alt geworden ist, ist Jan Schlubach auf besondere Weise verbunden: Er war der Innenarchitekt des 1984 eröffneten Hauses am Museumsufer und konstruierte einen Großteil der Dauerausstellung zur Filmgeschichte.

Foto oben v.l.n.r.: Jan Schlubach mit Hans-Peter Reichmann und dem Frankfurter Kulturdezernent Dr. Hans-Bernhard Nordhoff bei der Eröffnung der Ausstellung. © Deutsches Filmmuseum

3. Termine zum Abschluss: "Kubrick sichten" / "Kubrick hören"

Am Samstag, 26. Juni ab 20 Uhr und am Sonntag, 27. Juni von 10 bis 18 Uhr findet im Auditorium des Deutschen Architektur Museums sowie im Kino des Deutschen Filmmuseums das Symposium "Kubrick sichten" statt. Die Vortragenden stammen aus unterschiedlichen Disziplinen wie Kunstgeschichte, Architektur und Fotografie. Special Guest ist Michel Ciment - an der abschließenden Podiumsdiskussion wird außerdem Kubricks langjähriger Executive Producer Jan Harlan teilnehmen. Eine verbindliche Voranmeldung ist nicht mehr möglich, es können jedoch noch Karten an der Kasse des Deutschen Filmmuseums erworben werden. Die Teilnahmegebühr beträgt € 29,00 (ermäßigt € 19,00 für Studierende), darin enthalten ist der Eintritt in die Ausstellung sowie eine Kinokarte für FULL METAL JACKET oder EYES WIDE SHUT am 26./27. Juni.

Am darauffolgenden Sonntag, 4. Juli, 19 Uhr, findet im Rahmen der Finissage unter dem Stichwort "Kubrick hören" ein weiterer Vortrag statt, der eine besondere Perspektive auf Kubricks keineswegs nur visuell orientiertes Werk eröffnet: Der Komponist Bernd Schultheis, der auch die Hörstation in der Ausstellung konzipiert hat, widmet sich darin der bedeutenden und komplexen Rolle von Musik in Kubricks Filmen, die er an Beispielen erläutert.

Die Stanley Kubrick-Filmreihe endet am Vorabend chronologisch mit A.I. ARTIFICIAL INTELLIGENCE, der nach Kubricks Tod in Anlehnung an seine Entwürfe von Steven Spielberg realisiert wurde. In der Spätvorstellung am 3. Juli haben Sie anschließend noch einmal Gelegenheit, 2001: A SPACE ODYSSEY zu sehen. Das Filmprogramm zur Finissage am 4. Juli lässt um 18 Uhr die Filme Kubricks rückblickend anhand der Trailer Revue passieren, zusammen mit der Dokumentation 2001: A LOOK BEHIND THE FUTURE. Zum Abschluss zeigen wir um 21 Uhr BARRY LYNDON.


Noch ein Hinweis: Die beiden Museen schließen die Kubrick-Schau - aber dafür können Sie nun auf www.stanleykubrick.de Einblicke in die Ausstellungsräume nehmen, in denen demnächst abgebaut wird. Die Bilder zeigen die verschiedenen Ausstellungsbereiche und einige Aufnahmen von der Eröffnungsfeier.

¬ Fotoauswahl aus der Ausstellung







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